Großstadt Bienen

Seit Jahren nimmt das Urban Gardening rasant an Fluggeschwindigkeit auf. In Nachbarschaftsgärten treffen sich Interessierte und schaffen Raum für Gemüse, Kräuter und Blumen. Brachliegende Flächen werden mit viel Enthusiasmus zu grünen Lebensräumen umgestaltet. Da dürfen Bienen natürlich nicht fehlen. 

Es beginnt immer mit den Menschen in den Städten, die eine gemeinsame Idee haben –  neue Urbanität, lokale Vielfalt, die Wiederentdeckung des Miteinanders. Projekte wie Kleidertausch, regenerative Energiegewinnung, kleine Streuobstwiesen, Kräutergärten oder trendige Reparaturcafés, fallen mir da spontan ein. Seit Mitte der 1990er Jahre nimmt das urban gardening rasant an Fluggeschwindigkeit auf. In Nachbarschaftsgärten treffen sich Interessierte und schaffen Raum für Gemüse, Kräuter und Blumen. Brachliegende und öffentliche Flächen werden mit viel Enthusiasmus und Leidenschaft zu paradiesischen Lebensräumen umgestaltet. Da dürfen die Honigbienen und ihre wilde Schwestern natürlich nicht fehlen. Die  Deutsche Bahn hat mit ihren Bienenprojekten den richtigen Riecher gehabt: Da kamen die Imker ins Schwärmen, denn mit rund 1.500 Anfragen hat man nicht gerechnet. 800 betriebseigene Flächen bieten den fleißigen Helferinnen heute Nahrung und Lebensraum.


Irgendwie sexy

Das trendige urban bee Keeping macht das Imkern ein bisschen sexy. Als ich noch beruflich in Hamburg unterwegs war, sind mir vereinzelte bunte Kisten auf Stadtbalkonen aufgefallen. Erst im zweiten Moment hatte ich gecheckt, dass dort in luftiger Höhe die Vielflieger zuhause sind. Die zunehmende Zahl an Stadt-Imkern, die sich nur ein oder zwei Bienenvölker halten, ist für den Deutschen Imkerverband nicht nur positiv und bereitet dem Präsidenten, Peter Maske, ein unangenehmes Magensummen: „Es ist schön, dass sich aktuell so viele junge Leute für die Imkerei interessieren. Sie halten allerdings zu wenige Bienenvölker und sind nicht immer gut geschult“. Ungeübte Imker mit nur einem Volk überließen die Bienen häufiger sich selbst, und das berge enorme Gefahren. Imkerchef Maske fürchtet vor allem, dass sich ernsthafte, hoch infektiöse Bienenkrankheiten, wie die amerikanische Faulbrut, ausbrechen können.

Amerikanische Faulbrut, was ist das?

Bei der Faulbrut handelt es sich um eine bakterielle Brutkrankheit der Honigbienen. Der Erreger Paenibacillus larvae ist ein sporenbildendes Bakterium, dessen Dauerformen sehr widerstandsfähig gegenüber hohen Temperaturen (bis zu 120 °C) und nahezu unbegrenzt haltbar und ansteckungsfähig sind!

Was kann schief gehen?

Sollte es so sein, dass Hobbyimker ihre Tiere bei den zuständigen Veterinärämtern nicht gemeldet haben und diese nicht registriert sind, dann hat das im Falle eines Seuchenausbruches fatale Folgen für alle Völker und deren Besitzer in einem Sperrbezirk von bis zu 4 km. Denn, so können nur die registrierten Bienenvölker auf die Seuche hin getestet werden. Nicht registrierte Völker verbreiten schlimmstenfalls weiterhin die hoch infektiösen Sporen dieser Tierseuche. Der Amtstierarzt wird in diesem Falle Zwangsmaßnahmen einleiten, bis hin zum pauschalen Abtöten aller Bienenvölker im eingerichteten Sperrbezirk. Gerade in den Städten mit einer hohen Honigbienendichte ist das eine wichtige Maßnahme, um die Tierseuche zu eliminieren. Und nur weil eine Handvoll schwarzer Schafe unter den Imkern sich nicht ausreichend um die Gesunderhaltung bemühen, verlieren diejenigen unter uns, die alle Maßnahmen konsequent umsetzen ihre Bienen – das ist sehr unfair für Tier und Mensch. Zwar braucht ein Bienenstock mit 30.000 bis 60.000 Bienen weniger Aufmerksamkeit als Hund oder Katze, dennoch sollte man sich NIE einfach mal eben so ohne Vorkenntnisse Honigbienen anschaffen.

hofbienerie startbild

Wenn ich einen Wunsch äußern darf?

Ich würde mir im digitalen Zeitalter eine landes- bzw. bundesweite Vernetzung aller Imkervereine, Landesverbände und Veterinärämter wünschen. So könnten alle ImkerInnen ihre GPS Koordinaten ihrer aktuellen Bienenstandorte übermitteln, wenn da nicht die neue EU-Datenschutzgrundverordnung wäre.

In meinem kleinen Dorf hat sich ein Imker mit 27 Völkern angesiedelt. Da läuten bei mir erst einmal die Alarmglocken. Leider fand ich am Bienenstand auch keine Kontaktdaten.
Nach ein wenig hin und her hatte ich ihn ausfindig gemacht und wir haben über die Bienen geschnackt. Heute, nach starken Unwettern und Stürmen, schaue ich immer mal an seinem Bienenstand vorbei und könnte ihn informieren, wenn was schief läuft. Das Gespräch, der persönliche Austausch und mehr Achtsamkeit in der Gesellschaft – damit wäre vieles einfach einfacher.

Kolumne Stadtbienen auf Nordische Esskultur

 

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